Dieses Jahr fallen der Valentinstag und Karneval in eine Woche - und obendrein hat gerade nach dem Mondkalender und dem Neumond letzte Woche das neue Jahr in vielen asiatischen Ländern begonnen. Eine wunderbare planetare Konstellation und ein willkommener Anlass, dem tristen Pandemie-Alltag mit Lebensfreude, Zuversicht und Vertrauen ins Leben zu trotzen!
Ich bin Rheinländerin und ich kenne das kribbeln, das einen zwischen dem 11. 11. eines jeden Jahres bis hin zum Höhepunkt zwischen dem Altweiber-Donnerstag / Schwere Donnerstag über Rosenmontag und Karnevalsdienstag erfasst. Für die eingefleischten Karnevalist*innen, Hexen, Prinzengarden, Funkemariechen, Narren, Meister*innen der Verkleidung und Samba-Fans auf der ganzen Welt wird in diesen Tagen ganz besonders deutlich, wieviel Lebensgefühl uns nun schon seit fast 12 Monaten abgeht.
Zurück zu meiner regionalen Herkunft, einer kleinen, an Karneval besonders aktiven Gemeinde. Dort fühlen wir uns im Dialekt und im Lebensgefühl dem rheinländischen Frohsinn der Stadt Köln, eine gute Autostunde entfernt, sehr verbunden.
Der Frohsinn im Rheinland vermittelt nicht nur Ausgelassenheit (in Maßen, siehe das Gebot Nr. 8 weiter unten), sondern auch Leichtigkeit und Gelassenheit - zwei Zutaten, ohne die Vertrauen ins Leben nicht möglich ist. Besonders schön kommt dies im Kölschen Grundgesetz zum Ausdruck - eine Zusammenstellung von 11 Mundart-Sprichwörtern, die nicht nur an Karneval, sondern generell im Leben Gültigkeit haben. Warum 11? 11 ist eine närrische Zahl. Außerdem spielen 11 Jungfrauen eine entscheidende, wenn auch tragische Rolle in der Kölner Stadtgeschichte, daher auch die 11 Tränen im Wappen unter den drei Kronen für die Heiligen Drei Könige, deren Reliquien im Kölner Dom aufgebahrt sind. Im katholischen Rheinland verweist die ELF im Karneval auch auf den Befreiungsschlag von der Besatzung Napoleons: Der Karneval erstarkte zwischen Mainz und Düsseldorf, nachdem die französischen Truppen sich zurück gezogen hatten und das Motto der französischen Revolution "Égalité, Légalité, Fraternité" zum Spottlied geriet ...
Und wie lauten nun die 11 Gebote?
1. Et es, wie et es! - Heißt soviel wie: schau den Tatsachen ins Auge!
2. Et kütt, wie et kütt - auch am Lauf der Dinge können wir viel weniger ändern, als wir meinen.
3. Et hätt noch emmer joot jejange - es wird schon gut gehen. Aus Hoffnung wird Vertrauen, wenn wir zuversichtlich bleiben, Verantwortung und Konsequenzen auch dann aushalten zu können, wenn es nicht so läuft, wie erwartet.
4. Wat fott es, es fott - es hilft nicht, verlorenen Dingen nachzujammern
5. Et bliev nix wie et wor - vielleicht war einer der drei heiligen Könige im tiefsten Inneren ein Buddhist? Oder hat die Schriften des Epikur gekannt: Alles fließt (den Rhein hinunter zur Nordsee) und nichts bleibt, wie es mal war!
6. Kenne mehr nit, bruche mer nit, fott domet - mit diesem Gesetz stehe ich persönlich als passionierte Transformerin ein wenig auf dem Kriegsfuß. Im Kern besagt es aber, Neuem gegenüber kritisch zu bleiben. Man muss nicht jede Sau gleich durchs Dorf jagen.
7. Wat wells de maache? - Könnte man auch missverstehen, als Ausrede, um sich vor der Verantwortung zu drücken. Auch hier gilt der Blick auf den Kern zu wenden, der besagt, sich seinem Schicksal anzunehmen.
8. Maach et joot, ävver nit zo off - das Bier in Köln, das Kölsch, schmeckt besonders gut. Nur zu viel davon tut nicht gut! Genuss darf sein, aber keine Völlerei! Oder auch: Qualität, aber keine Quantität!
9. Wat soll de Kwatsch? - Frei übersetzt: Was soll das sinnlose Gerede! Vergiss' Deine Intention nicht!
10. Drinks de ejne met? - Alle sind willkommen, Geselligkeit und Gastfreundschaft werden groß geschrieben
11. Do laachs de disch kapott - Verlier' nicht Deinen Humor!
Für mich ist das Kölsche Grundgesetz ein wunderbares Manifest der Lebensfreude, der Güte und des Vertrauens. In diesem Sinne: Kölle Alaaf und Bräpisch Helau (der Karnevalsruf in meinem Heimatdorf Waldbreitbach)!!!